Andachten

Andachten können für die Seele, wie eine Oase in der Wüste sein.
Sie lassen uns innehalten, schenken uns einen Augebblick der Ruhe.
Sie lenken den Blick weg, aus unserem Alttagsgeschehen, in eine andere Welt, die ewige Welt.
Sie sind wie frisches Wassser, welches das Leben in uns zurückkehren lässt und unseren Durst stillt.

 

Monatsandacht August 2024


"Der Herr heilt, die zerbrochenen Herzens sind,
und verbindet ihre Wunden. "

Psalm 147,3

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Diese Bibelworte sind Teil eines Psalms, der ein großes Lob Gottes anstimmt und der zum Singen gedacht war. Dazu ermuntert der erste Vers: „Gut ist es, unserm Gott zu singen; schön ist es ihn zu loben.“ Singen und loben sind die beiden Verben, die anzeigen, dass an ein musikalisch begleitetes Singen der Gemeinde gedacht war. Wie das klang, wissen wir nicht. Vermutlich hat dieser Auftakt Anton Bruckner dazu animiert, dem Psalm eine wunderbare, kantatenähnliche Vertonung zu widmen (Bruckner WAB 37, Psalm 146). Dass sein Werk den Psalm als den 146. ausgibt, liegt daran, dass er sich bei der Zählung an die lateinische Bibel hält. Es lohnt sich, in dieses Werk, das auf Streaming-Plattformen verfügbar ist, einmal hineinzuhören. Dabei fällt auf, dass unser Monatsvers in einem Rezitativ von einem Sopran nur kurz gestreift wird. Die musikalische und stimmliche Wucht konzentriert sich auf Vers 5: „Unser Herr ist groß und von großer Kraft, und unbegreiflich ist, wie er regiert.“ Das haben die Verfasser des Psalms offensichtlich erfahren. Und zwar so, dass Gottes Kraft als heilsames und aufrichtendes Handeln erlebt wurde. Die Israeliten, die alles verloren hatten und im Exil in Babylon waren, hat er zurückgeführt. Jerusalem wurde wieder aufgebaut (Vers 2). Die Herzen, die durch Verlust, Trauer und Hoffnungslosigkeit gebrochen waren, wurden geheilt; schmerzende Wunden angesichts einer erdrückenden Gegenwart wurde von Gott behutsam verbunden.

Manche Gotteserfahrungen kann man nur besingen. Wer singt, nimmt den Mund immer ein bisschen zu voll. Singend sehen wir mehr, als vorfindlich da ist. Der Monatsspruch ist keine Feststellung, die auf alles und jeden zutrifft. Manche werden mit dankbarem Gesichtsausdruck nicken. Andere lecken sich noch ihre Wunden, weil sie eben noch nicht verbunden sind: überflutete Keller, weggespülte Häuser, zerbombte Häuser, viel Verlust, wenig Aufbau.

Als gesungenes Gotteslob ist dieser Vers ein Begleiter für den Sommermonat August. Wir können unsere tiefe Dankbarkeit und unsere ganze Sehnsucht in ihn hineinlegen: „Danke, Herrgott, für deine große Kraft. … Und, ja bitte, lass sie mir, lass sie uns zuteil werden.“

Singend sehen wir nicht nur mehr als vorfindlich da ist, singend sind wir mehr, als wir sind.
Manchmal erfahren wir Gottes heilsame Zuwendung gerade singend. Herzen werden heil, Wunden verbunden.

Prof. Dr. Oliver Pilnei

Prof. Dr. Oliver Pilnei
Praktische Theologie

Theologische Hochschule Elstal

 

 

Monatsandacht Oktober 2024


"Die Güte des HERRN ist's, dass wir nicht gar aus sind, seine Barmherzigkeit hat noch kein Ende, sondern sie ist alle Morgen neu, und deine Treue ist groß."

Klagelieder 3,22-23

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Das Kapitel aus den Klageliedern, aus dem dieser Vers stammt, beginnt mit einer eindrücklichen Aufzählung all der Leiden, die der Beter in seinem Leben erleben muss. Er klagt seinen Gott dafür an, dass er in dunklen Zeiten lebt, dass seine Knochen schmerzen und dass seine Haut alt und schlaff geworden ist. Er fühlt sich fast schon wie tot und in seiner ausweglosen Situation alleingelassen und gefangen. Allenfalls Spott hat er noch zu erwarten, so schlecht geht es ihm.

Und noch schlimmer: Auch Gott verschließt seine Ohren vor der Klage des Beters. Er lässt ihn in die Irre laufen, überfällt und zerfleischt ihn wie ein Löwe und schießt dem Beter mit gespanntem Bogen zusätzlich Pfeile in die Nieren, statt ihm zu helfen. Es bleibt ihm nichts Anderes übrig, als auf seinen Problemen herumzukauen wie auf Kieselsteinen und sie mit bitterem Wermut herunterzuspülen.

Aber dann formuliert der verzweifelte Beter plötzlich mit dem Monatsspruch Worte, die an das gemeinsame Bekenntnis Israels erinnern, dass sein Gott gnädig und barmherzig ist, geduldig und von großer Treue. Dieses Bekenntnis wendet der Klagende hier ganz persönlich auf sich selbst an. Wenn all das Üble von Gott kommt, dann muss es auch eine Gabe Gottes sein, dass er in einer Welt, in der die meisten früh sterben, überhaupt alt werden durfte. Und gilt das dann nicht für jeden weiteren Tag? Solange Gott ihn aufwachen lässt, solange ist Gottes Barmherzigkeit offenbar noch nicht ganz ans Ende gekommen. Und solange der Beter einen neuen Morgen erblickt, solange ist die Treue seines Gottes noch immer groß.

Es ist dieser radikale Blickwechsel, der wieder Mut und Hoffnung aufkommen lässt. Schon die Tatsache, überhaupt noch zu leben, kann er nun als Zeichen der Güte Gottes sehen. Und aus dieser Erkenntnis leitet er dann auch die Hoffnung ab, die er direkt danach formuliert: „Der HERR ist mein Teil, spricht meine Seele, darum will ich auf ihn hoffen. Denn der HERR ist freundlich dem, der auf ihn harrt, und dem Menschen, der nach ihm fragt. Es ist ein köstlich Ding, geduldig zu sein und auf die Hilfe des HERRN zu hoffen.“ (Klagelieder 3,24-27)

Das ist eine Hoffnung gegen die aktuelle Erfahrung des Leidens. Eine Hoffnung, die an Gottes Barmherzigkeit festhält, obwohl noch kein Ausweg in Sicht ist. Ein Blick auf Gottes Güte, um Kraft zu schöpfen für den kommenden Morgen, den nächsten Tag in dunkler Zeit. Eine trotzige Hoffnung, die mit Verweis auf Gottes Treue einfach nicht aufgeben will, weiter mit Gottes Hilfe zu rechnen.

 Prof. Dr. Ralf Dziewas

Prof. Dr. Ralf Dziewas
Prorektor
Diakoniewissenschaft und Sozialtheologie

Theologische Hochschule Elstal

 

 

Monatsandacht Juli 2024

Stühle im Stadion


"Du sollst der Menge nicht folgen zum Bösen."

2. Mose 23,2a nach Elberfelder

Eine Menge ist mächtig. Nicht erst seit den großen Massenhysterien des Nationalsozialismus ist klar: Eine Masse von Menschen hat eine gewaltige, mitreißende Anziehungskraft. Menschen fühlen sich gerne zugehörig. Einer Masse mit einem vermeintlichen Konsens kann der Einzelne sich nur schwer entziehen. Gerade heute gibt es mit den Sozialen Medien und unserer ausdifferenzierten Gesellschaft immer mehr sogenannte "Bubbles", Filterblasen, wo wir in Gruppen unterwegs sind, die vor allem unsere eigenen Meinungen widerspiegeln. Das ist aber nur eine neue Episode eines alten Phänomens. Solche Gruppenphänomene haben positive Effekte: Es stärkt das Wir-Gefühl und lässt die Zusammenarbeit leichter fallen. Es gibt eine große Nähe und gute Gemeinschaft.

Menschen im Cafe

Monatsandacht Juni 2024

Menschen am Wasser


Mose sagte:
Fürchtet euch nicht!
Bleibt stehen und schaut zu, wie der HERR euch heute rettet!

2.Mose 14,13

Die Geschichte, wie die Israeliten das Meer durchziehen und den Ägyptern entrinnen, übt bis heute ihren Reiz aus. Befreiung aus Tyrannei und Zwang, auch wenn alles verloren geglaubt wird, scheint eine tiefe Sehnsucht bei vielen Menschen wachzurufen. Die Dokumentarserie „Testament. Die Geschichte von Moses“, welche seit kurzem auf der Streaming-Plattform Netflix zu sehen ist, ist nur eines von vielen Beispielen für diese anhaltende Faszination. Von der Überzeugungskraft dieses Formats mag sich jede und jeder selbst ein Bild machen.

Die Bibel jedenfalls legt es nicht darauf an, das Wunder als ein Ereignis darzustellen, das man lediglich als interessierter Zuschauer bestaunt. Der Appell Moses in 2.Mose 14,13 widerspricht dem nur auf den ersten Blick. Streng genommen muss man übersetzen:

Monatsandacht Mai 2024


Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten.
Alles ist mir erlaubt, aber nichts soll Macht haben über mich.

1. Korinther 6,12.

Litfasssäule SALE

„Alles ist mir erlaubt!“ Das wäre doch schon ein guter Monatsspruch gewesen, oder? Die christliche Freiheit auf den Punkt gebracht. Zur Unterstützung könnte man weitere Sätze dazustellen, die Paulus geschrieben hat.
Der Gemeinde in Galatien ruft er zu: „Zur Freiheit hat uns Christus befreit! So steht nun fest und lasst euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen!“ (Galater 5,1).

Freiheit ist ein hoher christlicher Wert. Dass wir an einen Gott glauben, der in die Freiheit führt, zeigt sich schon im Alten Testament: „Ich bin der HERR, dein Gott, der ich dich aus Ägyptenland, aus der Knechtschaft, geführt habe.“ So stellt sich Gott in 2. Mose 20,2 vor. Aus der Knechtschaft in die Freiheit führt er, in ein gutes Land hinein – das hat Israel erlebt, so haben sie Gott kennen gelernt.

Diese Freiheit sehe ich bei Christen nicht immer. Allzu häufig verheddern wir uns in Regeln oder lassen uns von Ängsten bestimmen. Für mich war es ein wichtiger Prozess, die Freiheit Gottes zu entdecken. Sie war nicht einfach „da“. Aber immer wieder habe ich erlebt, dass Gott mir Freiheit und Raum zur Entfaltung zuspricht. Mich herausführt aus mancher Enge in seinen weiten Raum. Die doppelte Aussage „Alles ist mir erlaubt“ ist also nicht nur der Auftakt für das „Aber“, das folgt. Auch wenn Paulus hier vielleicht einen Satz zitiert, den die Korinther gerne vor sich hertrugen, lehnt er ihn nicht einfach ab.

Monatsandacht April 2024

Gespäch im Bistro HRK


Seid stets bereit,
jedem Rede und Antwort zu stehen,
der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung,
die euch erfüllt.

1.Petrus 3,15

Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die euch erfüllt (1.Petrus 3,15).
Nicht immer ist Schweigen Gold und Reden Silber. In so manchen Situationen in meinem Leben habe ich geschwiegen, obwohl reden vielleicht hilfreicher gewesen wäre und geredet, obwohl schweigen angebrachter gewesen wäre. Nicht jedem will ich Rede und Antwort stehen oder für alles Rechenschaft ablegen müssen.
Doch hier werde ich aufgefordert und herausgefordert: Nicht zu schweigen von der Hoffnung, die mich erfüllt. Hier werden wir, als Gemeinde Christi, aufgefordert nicht zu schweigen, von der Hoffnung, die uns erfüllt.

Monatsandacht März 2024

Kirchturm mit Blüten


Entsetzt euch nicht!
Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten.
Er ist auferstanden, er ist nicht hier.

Markus 16,6

„Die neue Unverbindlichkeit als Herausforderung für die Gemeindearbeit“

Entsetzen und Furcht sind im Markusevangelium die zentralen Gefühle angesichts der Auferstehungserfahrung. Die drei Frauen, die am Ostermorgen zum Grab kommen, finden dieses offen vor und entdecken statt dem erwarteten Leichnam des gekreuzigten Jesus im Grab einen Jüngling in weißem Gewand sitzen. Und Markus beschreibt ihre unmittelbare Reaktion mit den Worten: „und sie entsetzten sich“ (Markus 16,5).
Der Schock war den Frauen offenbar derart ins Gesicht geschrieben, dass der Engel direkt auf ihr Erschrecken reagiert:
„Entsetzt euch nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier.“ (Markus 16,6)
Die beiden Marias und Salome sind so geschockt, dass sie kaum mitbekommen, dass ihnen der Engel noch aufträgt, diese gute Botschaft an die anderen Jünger Jesu zu überbringen. Und dass sie nach Galiläa gehen sollen, um dort den Auferstanden zu sehen, das scheinen sie ebenfalls angesichts ihres Erschreckens überhört zu haben.
Denn Markus schildert anschließend keine Freude der Frauen, sondern dass sie voll Zittern und Entsetzen von dem Grab fliehen und niemandem etwas davon erzählen, weil sie sich fürchten (Markus 16,8).

Monatsandacht Februar 2024

Neues Testament Martin Luther 1526Copyright: Stadtbibliothek im Bildungscampus Nürnberg


Alle Schrift ist von Gott eingegeben und nützlich zur Lehre,
zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Unterweisung in der Gerechtigkeit,
damit der Mensch Gottes richtig ist, für jedes gute Werk ausgerüstet.

2.Timotheus 3,16

2.Timotheus 3,16 ist ein Vers, den es sich lohnt zu beherzigen, denn er betont die transformative Kraft des Studiums des Wortes Gottes. Paulus verwendet hier den Begriff „theopneustos“, was wörtlich „vom Atem Gottes inspiriert“ bedeutet.
Damit weist er darauf hin, dass die Heilige Schrift nicht einfach menschlichen Ursprungs ist, sondern Gott als ihre Quelle hat. Wie es in unserer Rechenschaft vom Glauben heißt: „Die Bibel ist Gottes Wort im Menschenmund.“

Dieser Vers erinnert uns daran, dass die Bibel ein Geschenk Gottes ist und niemals auf einen akademischen Text oder ein Objekt der wissenschaftlichen oder literarischen Neugier beschränkt werden sollte.

Andacht zur Jahreslosung 2024

Jahreslosung 2024

Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe!
1. Korinther 16,14


Liebe macht einen Unterschied.

Aus der Ferne schreibt Paulus an die Gemeinde in Korinth. Er schreibt an eine zerstrittene Gemeinde in einer schwierigen Situation. Er kann selbst nicht vor Ort sein und die Gemeinde direkt begleiten. So kommt seine seelsorgliche Zuwendung als Gemeindegründer und Gemeindeleiter per Brief. Zum Schluss des Briefes fasst er dann die wesentlichen Anweisungen und Empfehlungen zusammen. Hier betont Paulus noch einmal, was ihm besonders wichtig ist: die Liebe. Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe.

Die Liebe soll die Grundhaltung sein, in der die Gemeindemitglieder in Korinth leben und handeln. Schon vorher hatte Paulus das betont: Nur die Liebe gibt den Handlungen ihren wahren Wert.

Monatsandacht Dezember 2023

Meine Augen haben deinen Heiland gesehen,
das Heil, das du bereitet hast vor allen Völkern.

Lukas 2,30-31

 

Menschenmenge

 

Simeon hatte ein Wort von Gott gehört: Er solle nicht sterben, bevor er nicht den Messias, den Christus, gesehen habe. Doch dieses Erlebnis lag nun schon längere Zeit zurück. Simeon wartete und wartete, vielleicht Jahr um Jahr.
Manche späteren Nacherzählungen und Bilder stellen ihn als Greis dar. Aber davon weiß der Evangelist Lukas nichts zu berichten. Jedenfalls hatte sich die Sache hingezogen. Simeon gab nicht auf. Er wollte noch etwas vom Leben Gottes in dieser Welt sehen und es umarmen.
Endlich: Eines Tages hatte Simeon den Eindruck, er solle in den Tempel gehen. So machte er sich auf den Weg.

Monatsandacht November 2023

Er allein breitet den Himmel aus und geht auf den Wogen des Meers.
Er macht den Großen Wagen am Himmel und den Orion
und das Siebengestirn und die Sterne des Südens.

Hiob 9,8+9

Monatspruch November 2023 680x320

Es ist eine kalte, glasklare Nacht. Ein Mann steht in einer Wüste des Vorderen Orients und blickt in den Himmel. Hiob heißt er. Wie ein aufgespanntes Zelt umgibt ihn der Nachthimmel. Unzählige Sterne leuchten ihm entgegen, und er sieht Sternbilder, die er schon seit Kindertagen kennt. Langsam ziehen sie mit verlässlicher Treue ihre Bahn. Jeden Tag, jedes Jahr. Wie oft schon hat er diese Pracht bestaunt. Bis vor kurzem war der Sternenhimmel für ihn eine Bestätigung der Macht und Überlegenheit Gottes. Diesem Gott war er treu. Und er hatte ihn wiederum mit Glück und Reichtum beschenkt. Aber jetzt, da ihm alles genommen wurde? Besitz, Kinder, Gesundheit. Jetzt leuchten die Sterne immer noch und ziehen gleichmäßig ihre Bahn. Der Himmel aber ist ihm unheimlich geworden. Der Gott, der die Sterne geschaffen und sie auf ihre Bahn geschickt hat, ist ihm fremd.

Monatsandacht Oktober 2023

Seid Täter des Worts und nicht Hörer allein;
sonst betrügt ihr euch selbst.

Wer sagt denn ihr, dass ich bin?
Jakobus 1,22

Templin Kirchenglocke

Der Schreiber dieses Briefes hat Angst.
Er befürchtet, dass seine Leserinnen und Leser sich zu sehr auf ihren Glauben verlassen.
Er kennt die Botschaft des Apostels Paulus, dass der Glaube aus der Predigt und damit aus dem Hören auf das Wort Gottes kommt. Aber er findet es ausgesprochen schwierig, wenn daraus abgeleitet wird, dass es nur noch auf den Glauben ankommt.
Was ist mit einem Glauben, der sich nicht im Leben zeigt?
Was ist, wenn das Vertrauen auf die Liebe Gottes nicht zu einem veränderten Verhalten führt?
Wie sollen andere die Botschaft des Evangeliums als bedeutsam erkennen, wenn sich die Glaubenden in ihrem Verhalten nicht von anderen unterscheiden?

Deshalb kann der Schreiber des Jakobusbriefes geradezu provokativ behaupten, dass der Glaube ohne Werke tot ist (Jakobus 2,17 und 26).
Für ihn gehören Theologie und Ethik, Glauben und Handeln ganz eng zusammen. Nur wenn beides im Leben eines Menschen stimmig ist, entfaltet das Wort des Evangeliums seine Kraft. Nur dann wird der Glaube an Jesus Christus ein überzeugendes Angebot auch für die, die jetzt noch nichts davon wissen. All dies wurde in einer Zeit geschrieben, als die Christen als neue religiöse Gemeinschaft von ihrer Umwelt kritisch beäugt, zum Teil verleumdet und mitunter sogar verfolgt wurden.

Monatsandacht September 2023

Jesus Christus spricht:
Wer sagt denn ihr, dass ich bin?
Matthäus 16,15

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Es ist eine natürliche menschliche Neigung: Wenn wir mit etwas Neuem konfrontiert werden, versuchen wir, das Neue in Kategorien einzuordnen, die uns bequem und vertraut erscheinen. Die religiösen Führer zur Zeit Jesu wollten Jesus nach ihren eigenen Vorstellungen und Erwartungen verstehen. Sie erkannten nicht (und auch wir begreifen dies heute oft nicht), dass es nur möglich ist, die wahre Identität Jesu zu verstehen, wenn wir unsere menschlichen Erwartungen beiseitelegen und uns von Jesu eigener Lehre über sein Leben und seine Mission leiten lassen.
Zu der Zeit, als Jesus predigte, gab es viele religiöse Menschen, die glaubten, dass Gott einen politischen König schicken würde, der eine Armee gegen die römischen Besatzer anführt. In gewisser Weise trafen die Erwartungen des Volkes zu: Jesus wird sein Volk tatsächlich befreien, aber weder durch militärische Eroberung noch politische Macht, sondern durch Leiden, Sterben und schließlich sein Auferstehen zu neuem Leben.

Monatsandacht Oktober 2021

... und lasst uns aufeinander achthaben
und einander anspornen
zur Liebe
und zu guten Werken ...
Hebräer 10,24

Was ist noch zu tun, wenn schon alles getan ist?

Der Versuch, Gott durch Opfer gnädig zu stimmen, muss kläglich scheitern. Auf dieses Dilemma wird im zehnten Kapitel des Hebräerbriefes hingewiesen: Das Opferritual, das eigentlich eine entlastende Wirkung haben soll, wirkt eher belastend. Mit jedem Opfer werden die Betroffenen an ihre Sünden erinnert. Einmal jährlich zu bestimmten Festen oder je nach Anlass. Wer opfert, bleibt in der Rolle der Sünderin, des Sünders. Der Blick ist auf das eigene Scheitern und Versagen gerichtet. Mit dem Opfer wird die Last nicht von den Schultern genommen, im Gegenteil sie wird erschwert. Das ist anstrengend und lohnt sich nicht. Der Mensch bleibt unfrei und auf sich selbst fixiert. In sich verkrümmt, sagt Luther. Der Hebräerbrief erinnert die Angesprochenen daran, dass ihr Fokus sich völlig verschoben hat. Die Anstrengung ist zugunsten der Freude gewichen. Eine neue ungekannte Leichtigkeit

Monatsandacht Mai 2021

Öffne deinen Mund für die Stummen,
für das Recht aller Schwachen!
Sprüche 31,8 (Einheitsübersetzung)

 „Mir fehlen die Worte…“.
Solche oder ähnliche Sätze stammeln wir, wenn wir hilflos das Unglück anderer mitansehen müssen.
Es gibt eine angemessene Sprachlosigkeit, ein solidarisches Schweigen, das das Floskelhafte fürchtet und offen zugibt, für das Unfassbare keine Worte zu haben.
Es gibt aber auch das andere Stummsein, das unsolidarische (Ver)Schweigen, wenn man aus Angst, selbst zum Opfer zu werden wegschaut. Oder wenn man eben aus sicherer Distanz genau hinschaut, aber nichts sagt, nicht eingreift und so tut, als sei man gar nicht beteiligt.
So leicht es fällt, die „Gaffer“ zu verurteilen, so schwer ist es doch, den entscheidenden Augenblick zu erkennen, in dem es darauf ankommt, selbst den Mund aufzutun.

Für die Hilflosen und Schwachen einzustehen war im Alten Israel wie im gesamten Alten Orient ein verbreiteter Appell. Götter (Psalm 82), Könige (Psalm 72,1-4) und einfache Bürger (5. Mose 15,11; Hiob 29,12-17) wurden dazu immer wieder ermahnt. In der Realität wurden die Armen jedoch allzu oft sich selbst überlassen. Gründe für das Schweigen fanden sich schnell (siehe Exodus 4,11).

Monatsandacht Dezember 2019

Wer im Dunkeln lebt und wem kein Licht leuchtet,
der vertraue auf den Namen des Herrn
und verlasse sich auf seinen Gott.
Jesaja 50,10

Der Dezember ist der dunkelste Monat im Jahr. Es ist Nacht, wenn wir morgens aus dem Haus gehen und auch, wenn wir spätnachmittags nach Hause

Monatsandacht November 2019

Aber ich weiß,
dass mein Erlöser lebt .
Hiob 19,25

Das „aber“ am Beginn dieses Satzes lässt aufhorchen. Das Wort „aber“ stellt einen Gegensatz dar. Hiob widerspricht. So kennt man ihn: Hiob, der Rebell gegenüber Gott und seinen Freunden. Hiob, der leidenschaftliche Streiter gegen das ihm zu Unrecht zugefügte Leid. Doch wenn Hiob an dieser bestimmten Stelle „aber“ sagt, kommt noch etwas Anderes zum Vorschein, nämlich eine neue Perspektive: „Ich bin mit meinem Leid – trotz allem – nicht allein. Ich bin kein bedauerlicher Ausnahmefall. Wenn nur meine Geschichte aufgeschrieben würde, würde es jeder erkennen.“

Hiob steht exemplarisch für alle Menschen, die wie er unter dauerhaften, unerträglichen Schmerzen leiden. Und er steht dafür ein, dass mit diesem Leid noch nicht alles gesagt ist.
In dem Streit, den Hiob mit Gott und seinen Freunden führt, beginnt er etwas

Monatsandacht Oktober 2019

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Wie es dir möglich ist:
Aus dem Vollen schöpfend - gib davon Almosen!
Wenn dir wenig möglich ist, fürchte dich nicht,
aus dem Wenigen Almosen zu geben!
Tobias 4,8

 

 Manche evangelische Christen werden den aktuellen Monatsspruch in ihrer Bibelausgabe vergeblich suchen, denn er entstammt dem Buch Tobit. Dieses gehört zu den späten Schriften des Alten Testaments, die Luther bei seiner Übersetzung der Hebräischen Bibel außen vorließ, weil sie ihm nur in griechischer Sprache vorlagen. In katholischen Bibelausgaben hingegen ist dieses Buch gemeinsam mit den anderen Spätschriften fester Bestandteil des Alten Testaments.

Monatsandacht September 2019

Was hülfe es dem Menschen,
wenn er die ganze Welt gewönne
und nähme doch Schaden an seiner Seele?
Matthäus 16,26


Die Welt gewinnen, das klingt sehr verlockend. Aber wie könnte das denn gehen, die Welt gewinnen? Was nimmt der Mensch da in den Blick? Was ist das Ziel seines Strebens? Gewinn von Besitz, von Ansehen, mehr Zustimmung durch andere Menschen, schnelles Erreichen von Karrierezielen?
Oder möglichst viele verschiedene Länder bereisen, Erfüllung persönlicher Wünsche und Ziele, Optimierung des eigenen Körpers, Höchstzahl an Facebookfreunden und immer mehr Follower in den sozialen Medien? 

Monatsandacht August 2019

Geht und verkündet: Das Himmelreich ist nahe.
Matthäus 10,7

Mit dieser Botschaft hatte Jesus seine 12 Jünger in die Dörfer und Städte Israels geschickt. Schon die Verkündigung von Johannes dem Täufer und von Jesus selbst begann mit den Worten: „Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe.“
Was soll damit gesagt sein?
Wenn das Matthäusevangelium vom „Himmelreich“ spricht, dann meint es dasselbe, was in anderen Evangelien das „Gottesreich“ heißt. Es meint die

Monatsandacht Juli 2019

Eine häufige Ursache zwischenmenschlicher Konflikte ist fehlende oder unzureichende Kommunikation. Wir reden viel und reagieren schnell, meist nehmen Emotionen bereits vor der Beendigung einer Aussage überhand. Wir reagieren, bevor wir hören. In der Psychologie ist „aktives Zuhören“ ein eigenes Forschungsthema. Jemanden wirklich zuzuhören erfordert Aufmerksamkeit, Konzentration, Willen und Übung. Ein menschliches Grundbedürfnis ist es, gehört und gesehen zu werden.

Der Vers in Jakobus ist an die Christengemeinde Jesu gerichtet, Hintergrund des Briefes könnten Streitigkeiten und Missverständnisse der paulinischen Schriften innerhalb der Gemeinden gewesen sein. Der Vers steht unter der

Monatsandacht Juni 2019

Freundliche Reden sind Honigseim,
süß für die Seele und heilsam für die Glieder.
Sprüche 16,24

„Das geht runter wie Öl“, sagen wir, wenn wir ein Lob bekommen, von dem wir vielleicht selbst ein wenig überrascht sind. Genau wie das Öl stand der Honig im alten Israel für das Angenehme und Wohltuende. Honig wurde als Süßungsmittel verwendet, alternativ nahmen man eingedickten Saft aus Datteln. Das Bild vom Honig verdeutlich, dass gute Worte nicht bloß im Kopf ankommen, sondern dem ganzen Körper guttun, genauso wie böse Worte

Monatsandacht Mai 2019

Es ist keiner wie du, und ist kein Gott außer dir.
2. Samuel 7,22


Mit dem Bekenntnis zur Einheit Gottes gab sich König David, der diesen Satz in einem Gebet aussprach, als einer der religiösen Nonkonformisten seiner Zeit zu erkennen. Dass „alles voller Götter“ sei, war bei allen anderen Völkern ringsherum allgemeiner Grundkonsens. Uns erscheint dagegen die Alternative „Es gibt entweder einen einzigen Gott oder gar keinen“ so selbstverständlich, dass uns die Kühnheit des Bekenntnisses zu einem einzigen Gott gar nicht mehr auffällt.

Monatsandacht April 2019

Jesus Christus spricht: Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.
Matthäus 28,20

Es ist die Summe des Evangeliums, die in dem kurzen Satz aufleuchtet:
Ich bin bei euch alle Tage.
In äußerster Konzentration fasst Jesus am Ende des Matthäusevangeliums zusammen, wofür er gelebt hat und wofür er gestorben ist. Denn dies war und ist seine Botschaft: Dass der ewige Gott nicht ohne uns Menschen Gott sein will. Dass er als Vater im Himmel auch als Vater auf Erden an unserer Seite ist. Und dass darum der von ihm gesandte Sohn nicht nur zur Geburt den schönen Namen „Immanuel“ erhält, sondern als der „Gott-mit-uns“ bis zum Ende der Welt für uns da ist.

Monatsandacht März 2019

Eine glühend rote Sonne direkt am Horizont, über einem Meer aus Wolken, mit einer Bergspitze im Vordergrund.

Dass man irgendwie an Gott glaubt, ist kein Problem. Auch die Israeliten damals glaubten an Gott. Aber daneben verehrten sie noch andere Götter; sicher ist sicher.
Der HERR, der Gott ihrer Väter, war ihnen wichtig; aber kann er sich wirklich um alles in ihrem Leben kümmern? Besser war es, auch die Göttin der Fruchtbarkeit zu verehren, die einigen Familien unter ihnen ganz tolle Ernteerträge bringt. Der Prophet Samuel ermahnt nun die Israeliten, alle anderen Götter zur Seite zu tun und allein den HERRN anzubeten und ihn zur